Kürzlich bin ich durch die niederösterreichischen Weinberge spaziert. Ein plötzliches Geräusch ließ mich zum Himmel blicken: Dort kreuzte ein Flugzeug durch das unendliche Blau. Ich machte ein Foto davon und ging meines Weges. Aus meiner Perspektive sah es so aus, als schnitte das Flugzeug den Himmel in zwei Hälften: Wie kann das Flugzeug das Ganze des blauen Himmels in zwei Teile schneiden? 

Offenbar sehnen wir uns danach, dass unser Leben auf alle möglichen Arten „ganz“ oder „ein Ganzes“ ist. Schön nach Plan soll sich unser Leben auf diese Art vollziehen, keineswegs aber auf jene Weise. Wir betrachten das Leben als unseren Besitz: Es ist unser Leben, unsere Karriere, unser Weg. Wir dulden nicht, dass dieses „unser Leben“ (von außen) fragmentiert wird, wir wollen es besitzen.

Oberflächliches Eins-Sein

Taucht da nun aber plötzlich etwas vermeintlich Störendes auf, neigen wir dazu, diese für die Zerstörung unseres oberflächlichen Eins-Seins mit unserem Leben verantwortlich zu machen. Aus unserer Perspektive schneidet also das Flugzeug unseren Himmel in zwei Hälften: Wir leiden daran, sind deprimiert und ärgerlich. 

Das Flugzeug kann in verschiedenen Gestalten auftauchen: Hier erscheint es als in Form von Lebenserfahrungen wie Alter, Krankheit oder Tod; dort tritt es in Form von mentalen Ereignissen wie Urteilen, Abschätzen und Konzeptualisieren auf. 

Wir folgen diesem fragmentierenden Geist, der auch uns zerteilt, und fühlen uns wie in zwei Hälften gerissen. 

Womöglich arbeiten wir uns daran ab, das Flugzeug abzuschütteln, indem wir Ärzte abklappern, uns Anti-Aging-Kosmetik besorgen, unser Heil in der Meditation suchen, usw. Vielleicht hilft all dies sogar ein bisschen, doch werden wir feststellen, dass das Flugzeug immer und immer wieder erscheint. 

Was können wir tun? 

Ganzheit darüber

Wenn wir genau hinsehen, erkennen wir, dass der Himmel über dem Flugzeug ganz und ungeteilt ist. Können wir aufhören, das Flugzeug abschütteln zu wollen oder ihm sozusagen hinterherzulaufen? Vielleicht sind wir eines Tages sogar dankbar für jedes Flugzeug, das unseren persönlichen Himmel kreuzt? – Was für ein Schnitt!

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